nach oben
13.07.2016

Führt ein Schein-Werkvertrag zur Fiktion eines Arbeitsvertrags zwischen Entleiher und Arbeitnehmer?

Die Frage, mit der sich das BAG jetzt beschäftigt hat, lautet, ob bei Schein-Werkverträgen eine analoge Anwendung der §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 9 Nr. 1 AÜG möglich ist was zur Folge hätte, dass in diesem Fall ebenfalls ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zustande käme. Nach Auffassung des BAG, Urteil vom 12.7.2016, Aktenzeichen:  9 AZR 352/15 fehlt es für diese Analogie jedoch an einer planwidrigen Regelungslücke.

Die Klägerin war 9 Jahre lang in einem Automobilunternehmen beschäftigt. Diesem „Einsatz“ lag ein Werkvertrag zwischen der Vertragsarbeitgeberinn der Klägerin und dem Unternehmen zu Grunde. Die Vertragsarbeitgeberin war im Besitz einer Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Im Rahmen einer Feststellungsklage wollte die Klägerin festgestellt wissen, dass zwischen dem Automobilunternehmen und ihr ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei. Sie gab hierfür an, dass der Werkvertrag zwischen ihrer Vertragsarbeitgeberin und der Beklagten nur zum Schein abgeschlossen worden sei, um eine Arbeitnehmerüberlassung zu verdecken. Die Beklagte – das Automobilunternehmen – könne sich daher nicht auf die erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung berufen.

Das BAG entschied wie bereits die Vorinstanzen, dass kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei.

Die Regelelung der  §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 9 Nr. 1 AÜG,  nach der nur dann ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert werde, wenn der Verleiher über keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt, sei abschließend. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber habe für eine solche nicht offene Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet.

Das Gestaltungsmittel Werkverträge wird jedoch höchstwahrscheinlich bald der Vergangenheit angehören. Das Bundeskabinett hat am 1.6.2016 den "Gesetzentwurf zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und weiterer Gesetze" beschlossen, der solche Gestaltungen verhindern soll. Konkret ist u.a. eine Erweiterung von § 1 Abs. 1 AÜG um folgende Sätze 5 und 6 vorgesehen:

"Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen. Vor der Überlassung haben sie die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren."

Die Neuregelung soll zum 1.1.2017 in Kraft treten.


← zurück