Ausschlagsfrist bei minderjährigen Erben
Die Ausschlagung einer Erbschaft ist binnen 6 Wochen ab Kenntnis vom Tod und der eigenen Erbenstellung zu erklären. Wer für einen minderjährigen die Ausschlagung erklären muss, ist eindeutig zu beantworten: der Sorgeberechtigte, bei mehreren Sorgeberechtigten diese gemeinsam. Ob es für den Anlauf der Ausschlagungsfrist ausreicht, dass nur ein Elternteil Kenntnis vom Tod des Erblassers und der Erbenstellung des Kindes erlangt hat, wird in der Rechtsprechung differenziert gesehen.
In einer neuen Entscheidung hat das OLG Frankfurt am Main am 03.07.2012 entschieden, dass für den Fristanlauf der Ausschlagungsfrist nicht nur die Kenntnis eines Elternteils erforderlich ist. Vielmehr muss auch der 2. Elternteil Kenntnis darüber erlangen, dass sein minderjähriges Kind Erbe geworden ist. Dies ergebe sich aus dem Normzweck des § 1944 BGB. Die Ausschlagung soll dem Erben Gelegenheit geben, sich über den Bestand des Nachlasses zu unterrichten und sich über die Annahme oder Ausschlagung schlüssig zu werden. Demgegenüber steht das Interesse aller übrigen Nachlassbeteiligten, sobald als möglich Klarheit über die Erbenstellung zu erhalten. Eine Abwägung dieser beiden Aspekte ergibt, dass das Interesse des minderjährigen Erben höher zu gewichten ist, insofern beide Erziehungsberechtigte gemeinsam die Entscheidung über eine Ausschlagung treffen und auch verantworten sollen.
Praxistipp: schlägt ein Erwachsener eine Erbschaft aus, ist immer zu bedenken, dass dessen minderjährige Abkömmlinge dann zu Erbenstellung gelangen könnten. Sollte dies nicht passieren, muss auch für diese minderjährigen ausgeschlagen werden, dann entsprechend der elterlichen Sorge.