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22.04.2024

Berliner Testament - Steuer-Update

In der Praxis immer noch sehr häufig anzutreffen ist das sogenannte „Berliner Testament“. Viele Teile der Bevölkerung halten ein solches Testament für die beste Variante, ihre Erbfolge zu regeln. Dass gerade diese Testamentsform zivilrechtlich und steuerlich doch erhebliche Tücken haben kann, hat sich leider bis dato noch nicht herumgesprochen. Neben der Bindungswirkung, die vielen Testamentserrichtenden nicht bekannt ist, sind auch die steuerlichen Konsequenzen oft unbekannt. Die Mitteilung, dass sich das Vermögen des Erstversterbenden mit dem Vermögen des überlebenden zu einer einheitlichen Vermögensmasse verbindet, daher faktisch doppelt besteuert werden kann, führt in der Beratung immer wieder zu „großen Augen“. Auch die sogenannte Jastrow'sche Klausel führt in bestimmten Konstellationen zu einer solchen erbschaftsrechtlichen Doppelbesteuerung. Dies hat der BFH mit Urteil vom 11.10.2023 (II R 34/20) erneut klargestellt.

Regelmäßig ist es für Eheleute ein Anliegen, den Überlebenden in seiner Liquidität mit Ableben des Erstversterbenden zu schützen. Hierzu gibt es allerlei Konstruktionen. Setzen sich Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben ein und bedenken diejenigen Kinder mit einem betagten Vermächtnis (= ein Vermächtnis, welches erst mit Ableben des Überlebenden anfällt), die bei Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil nicht fordern, kann der überlebende Ehegatte als Erbe des erstversterbenden Ehegatten dieses Vermächtnis nicht als Nachlassverbindlichkeit, damit wertmindernd, in Abzug bringen. Dies wirkt sich insbesondere dann negativ aus, wenn der ererbte Nachlass den Steuerfreibetrag des überlebenden Ehegatten überschreitet. Dieser überschießende Teil unterliegt dann nämlich der Erbschaftssteuer.

Das bedachte Kind hat seinerseits den Vermächtnisbetrag bei dem Tod des überlebenden Ehegatten als von diesem stammend zu versteuern, was sich ebenfalls wieder negativ auswirken kann, wenn dieses Kind vom überlebenden Ehegatten z.B. durch ein weiteres Vermächtnis bedacht wurde, welches in Summe mit dem anderen Vermächtnis den Steuerfreibetrag des Kindes nach dem überlebenden Ehegatten überschreitet. 

Ist das bedachte Kind zugleich auch Erbe des zuletzt verstorbenen Ehegatten kann es allerdings wenigstens steuerlich wirksam das Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeit vom Nachlass des zuletzt versterbenden Ehepartners in Abzug bringen.

Dieser Fall verdeutlicht einmal mehr, dass nicht vorschnell ein Berliner Testament als Regelung für die Erbfolge getroffen werden sollte.


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