nach oben
05.01.2022

Der BGH hebt wieder einmal Landgericht Berlin auf - keine Mietminderung wegen benachbarter Großbaustelle

Dem Urteil zugrunde lag der Fall, dass der klagende Mieter seit 2011 in einem Mehrfamilienhaus wohnte. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gab es auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Kleingartenkolonie. Die Kleingartenkolonie musste im folgenden weichen. Ab November 2017 wurden hier durch einen Dritten 4 Neubauten mit 6-8 Vollgeschossen samt Unterkellerung und einer Tiefgarage errichtet. Der durch die Großbaustelle entstehende Lärm störte die Mieter so sehr, dass sie sich berechtigt haben, die monatliche Miete um 30 % zu mindern. Zwar konnten das Amtsgericht und auch das Landgericht Berlin dieser Quote nicht näher treten, billigte den Mietern allerdings dennoch 15 % Mietminderung mit dem Argument zu, dass nach Ansicht der Berliner Gerichte die Freiheit der Wohnung von Baulärm stillschweigend Vertragsbestandteil geworden sei und insofern nun ein Mietmangel vorliege. Die stillschweigend verabredete Soll-Beschaffenheit der Mietwohnung weiche von der IST-Beschaffenheit durch den nun entstehenden Baulärm ab.

Einmal mehr fingsich das Landgericht Berlin seitens des BGH eine „Watschn“ ein. Der BGH betonte, dass das Landgericht unter bewusster Abweichung von der einschlägigen Rechtsprechung des BGH die Anforderungen an einen Mangel der Mietwohnung wegen Lärm- und Schmutzimmissionen, soweit diese von einem benachbarten Grundstück stammten, zu niedrig angesetzt habe. Eine stillschweigend getroffene Beschaffenheitsvereinbarung zur Freiheit der Wohnung von Baulärm könne bei Abschluss des Mietvertrags schon gar nicht geschlossen worden sein, da zu diesem Zeitpunkt die benachbarte Baustelle noch gar nicht existiert habe. Auch eine solche konkludente Beschaffenheitsvereinbarung setzte 2 übereinstimmende Willenserklärungen voraus. Von solchen könne nicht ausgegangen werden, wenn der Mieter letztendlich von der Abwesenheit von Baulärm in einer für ihn vorteilhaften Weise ausgehe und sich wegen dieses Umstands dafür entscheide, die Wohnung anzumieten.

Pauschale Wertungen verbieten sich hier. Weder sei dem Grunde nach in solchen Fällen immer einen Mangel anzunehmen noch könne pauschal bei Umwelteinwirkungen und Beeinträchtigungen durch eine Großbaustelle von 15 % Mietminderung ausgegangen werden.


← zurück