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05.06.2013

Kauf einer Eigentumswohnung: BGH konkretisiert die Voraussetzungen für die Arglisthaftung des Verkäufers

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: die Klägerin kaufte im Dezember 2005 von dem Beklagten eine von diesem sanierte Dachgeschosswohnung zum Preis von Euro 90.000,00. Die Haftung für Sachmängel wurde im notariellen Kaufvertrag ausgeschlossen. Als die Klägerin die Wohnung im Jahr 2009 wieder verkaufen wollte, stellte sich heraus, dass für die Wohnung [...] keine Baugenehmigung vorlag. Ein von der Ehefrau des Beklagten gestellter Bauantrag war im Februar 2000 zurückgewiesen worden, wovon der Beklagte jedoch keine Kenntnis erlangt haben will. Zwischen den Parteien ist streitig, ob das Dachgeschoss vor der Sanierung bereits als Wohnung genutzt worden war.

Im März 2009 forderte die Käuferin den Beklagten auf, eine Baugenehmigung beizubringen. Der Beklagte antwortete hierauf, dass nur Wohnraum saniert und modernisiert, nicht aber in die Statik eingegriffen worden sei; im Übrigen sei das Dachgeschoss bereits früher bewohnt gewesen. Mit Schreiben vom 17. April 2009 erklärt die Käuferin den Rücktritt vom Kaufvertrag, forderte den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises unter Fristsetzung auf und bot an, Erklärungen für die Rückauflassung abzugeben.

Am 23.09.2009 erteilte das zuständige Bauamt eine Baugenehmigung unter Auflagen.

Erstinstanzlich wurde der Beklagte antragsgemäß zur Rückabwicklung des Kaufvertrages und Schadenersatz verurteilt. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung in der Beru-fungsinstanz bestätigt. Mit der Revision zum BGH möchte der Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.

Das Berufungsgericht stützte sein Urteil im Wesentlichen darauf, dass das Fehlen einer notwendigen Baugenehmigung einen Sachmangel darstelle, den der Beklagte arglistig verschwiegen habe, § 444 BGB. Es könne dahinstehen, ob die an der Eigentumswohnung ausgeführten Baumaßnahmen genehmigungsbedürftig gewesen seien; dies habe das Zi-vilgericht nicht zu prüfen; im Übrigen zeige die später erteilte Baugenehmigung, dass von einem genehmigungsbedürftigen Tatbestand auszugehen sei. Arglist sei dem Beklagten vorzuwerfen, weil dieser in Anlehnung an die zur Bankenhaftung entwickelten Grundsätze schon dann gegeben sei, wenn sich dem Verkäufer einer Immobilie aufklärungspflichtige Tatsachen nach den Umständen des Einzelfalles zumindest hätten aufdrängen müssen. Weigere sich - wie hier - der Verkäufer, von solchen Umständen und der sich ebenfalls aufdrängenden Bedeutung für den Käufer Kenntnis zu nehmen, müsse dies positivem Wissen gleichstehen.

Der BGH hebt das Berufungsurteil auf und begründet dies damit, dass das Berufungsgericht zu Unrecht annimmt, der vereinbarte Haftungsausschluss nach § 444 BGB sei dem Beklagten versagt. Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen sei weder das Vorliegen eines aufklärungspflichtigen Sachmangels, noch ein darauf bezogenes arglistiges Ver-schweigen zu bejahen. Der BGH unterstreicht jedoch, dass eine fehlende Baugenehmigung regelmäßig einen Sachmangel des veräußerten Wohnungseigentums darstellt. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts sei auch die Frage, ob bauliche Veränderungen überhaupt genehmigungsbedürftig sein, durch die Zivilgerichte als Vorfrage der Fehlerhaftigkeit der Kaufsache zu beantworten. Da das Berufungsgericht die Frage, ob die vorgenommenen baulichen Veränderungen im Zeitpunkt des Gefahrübergangs genehmi-gungsbedürftig waren gar nicht erst geprüft hatte, ist das darauf gestützte Urteil fehlerhaft und war deswegen aufzuheben.

Der BGH rügte aber auch die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Arglist; nach ständiger Rechtsprechung des BGH setzt Arglist zumindest Eventualvorsatz voraus. Leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügen dagegen nicht. Von einem arglistigen Verschweigen kann nur dann gesprochen werden, wenn der Verkäufer den Mangel positiv kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder zumindest damit rechnet, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.


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