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19.02.2016

Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung

Die Beklagte beantragte den Erlass eines Mahnbescheides; zum Vollstreckungsbescheid kam es nicht, weil die Klägerin hiergegen Einspruch einlegte. In dem daraufhin geführten Rechtsstreit wurde die Werklohnforderung der Beklagten durch rechtskräftiges Urteil zurückgewiesen, weil der Werklohnanspruch wegen Mangelhaftigkeit der Werkleistung noch nicht fällig gewesen sei.

Das Verfahren wurde dann auf Betreiben der Klägerin vor dem Landgericht weiterbetrieben. Die Klägerin behauptet, sie habe nach Durchführung der Arbeiten in der Wohnung renoviert, wofür ihr Kosten in Höhe von rund Euro 3000,00 entstanden seien. Sie habe dann im Anschluss an diese Renovierung die Wohnung eigentlich vermieten wollen, was ihr allerdings aufgrund der Mangelhaftigkeit des Rohrleitungssystems nicht möglich gewesen sei. Hierdurch seien ihr Mieten in Höhe von rund Euro 12.500 entgangen. Außerdem hätte sie kalte Betriebskosten in Höhe von rund Euro 3000 zu zahlen gehabt. Die Leitungen müssen sie nun selbst erneuern, wodurch ihr weitere Kosten in Höhe von rund Euro 4500 entstehen würden. Sie macht also mit ihrer Klage Selbstvornamekosten bzw. Schadensersatzansprüche in Höhe von rund Euro 20.000,00 geltend. Das Landgericht weist die Klage ab, die vor dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 14.04.2015 - 21 U 182/14) geführte Berufung hat keinen Erfolg.

Das Verfahren ist deshalb besonders verzwickt, weil in dem amtsgerichtlichen Verfahren, in dem über den Werklohn der Beklagten für die Erneuerung des Rohrleitungssystems gegen die Klägerin entschieden wurde, der Anspruch wegen der erhobenen Mängelrüge als nicht fällig abgewiesen wurde. Die Frage, die sich das Berufungsgericht deshalb hier zu stellen hatte lautet, ob diese Entscheidung aufgrund der Rechtskraftwirkung des § 322 ZPO in dem vor dem Landgericht geführten Verfahren bereits festlegt, dass ein Mangel gegeben ist. Das Berufungsgericht führt hierzu aus, dass in Rechtskraft nur der Entscheidungssatz, also der Tenor der Entscheidung, erwächst, nicht die Begründung. Bei Klageabweisung steht damit in materieller Hinsicht fest - und erwächst in Rechtskraft –, dass der klageweise geltend gemachte Anspruch aus keinem Grund besteht. Die Einwendungen, Einreden und Gegenrechte, die zur Klageabweisung geführt haben, werden von der Rechtskraftwirkung jedoch nicht umfasst.

Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass der Werklohnanspruch des Unternehmers im landgerichtlichen Verfahren weder mit der Widerklage geltend gemacht hätte werden können, noch im Wege der Aufrechnung die Forderung der Klägerin vermindern hätte können.

Allerdings ist die Klägerin ohnehin mit ihrer Forderung vollständig unterlegen. Dabei kam das Berufungsgericht durchaus zu dem Ergebnis, dass ein Mangel vorgelegen habe und zwar nicht aufgrund der Nichteinhaltung von DIN-Vorschriften oder allgemeiner Regelwerke des Sanitärhandwerks, sondern aufgrund vertraglich vereinbarter Beschaffenheit. Das Gericht kommt in der weiteren Wertung dann allerdings zu dem Ergebnis, dass ein unverhältnismäßiger Aufwand erforderlich wäre, den Mangel zu beheben.

Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles einem Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Von Bedeutung ist auch, ob und in welchem Ausmaß der Unternehmer den Mangel verschuldet hat. Bei dieser Interessenabwägung besteht der Grundsatz, dass je erheblicher der Mangel ist, umso weniger Rücksicht auf die Belange des Werkunternehmers Rücksicht zu nehmen ist. Umgekehrt ist bei einer Unerheblichkeit des Mangels – weil etwa eine Auswirkung des Mangels auf die Funktionstauglichkeit vollständig ausgeschlossen werden kann – und einem schuldlosen Handeln des Werkunternehmers auf dessen Belange besondere Rücksicht zu nehmen.

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht in seine Erwägungen ebenfalls einbezogen, dass die Werklohnklage des Unternehmers in 1. Instanz erfolglos war. De facto hatte er also für eine unstreitig erbrachte Leistung, die durch die Klägerin auch genutzt wird, kein Geld erhalten, hätte aber umgekehrt einen seine Rechnung um ein Vielfaches übersteigenden Betrag zahlen sollen, weil aufgrund der Behauptung eines Mangels die Vermietung zurückgestellt wurde und aus Angst vor der Funktionslosigkeit die Rohre ausgetauscht werden sollten.


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