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02.11.2018

Wann sind die Voraussetzungen einer sogenannten „Pflichtteilsstrafklausel“ erfüllt?

Das OLG Köln hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, wann die Voraussetzungen einer Pflichtteilsstrafklausel erfüllt sind. In dem zu entscheidenden Fall hatten sich Eheleute wechselseitig als Alleinerben eingesetzt und bestimmt, dass nach dem Tod des Längstlebenden die 4 Kinder das Vermögen zu gleichen Teilen erben sollten. Sollte jedoch eines der Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden vom Überlebenden seinen Pflichtteil fordern, so soll es auch nach dem Tod des Überlebenden auf den Pflichtteil beschränkt bleiben.

 Die Mutter verstarb. Der Vater hatte das Erbe angenommen und wurde von einem seiner Kinder mittels Anwaltsschreiben aufgefordert, den Wert des Nachlasses zu beauskunften, ein Nachlassverzeichnis vorzulegen sowie ein Sachverständigengutachten zum Wert des elterlichen Hauses einzuholen. Gleichzeitig teilte das Kind mit, gegen eine Einmalzahlung, die auf das Erbe angerechnet werde, bereit zu sein, auf die Einholung des Sachverständigengutachtens und die Geltendmachung des Pflichtteils zu verzichten. Die geforderte Zahlung erfolgte seitens des Vaters, wobei der Vater im Anschluss das Kind nicht mehr als Erben ansah. Das OLG Köln stellte fest, dass für die Frage, ob ein Pflichtteil gefordert werde, es nicht auf die Einschätzung des fordernden Abkömmlings ankomme, vielmehr auf die Perspektive des überlebenden Ehegatten. Ziel einer Pflichtteilsstrafklausel sei, sicherzustellen, dass der Überlebende bis zu seinem Tod nicht durch einen Pflichtteilsverlangen eines Schlusserben gestört werde. Gleichzeitig solle kein Schlusserbe im Hinblick auf die Verteilung des gesamten Nachlasses Vorteile erlangen. Da ein Anwaltsschreiben ein ernsthaftes Verlangen des Pflichtteils gegenüber dem Vater darstelle und damit nach der Einschätzung eines objektiven Empfängers die Forderungen beim Vater Belastungen auslöse, vor welchen er gerade geschützt werden solle, könne der Abkömmling nach Tod des Letztversterbenden kein Erbrecht mehr in Anspruch nehmen.


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