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Damit ein Immobilienerwerb nicht zum Überraschungspaket wird…

Die Parteien gewerblicher Immobilientransaktionen sind in aller Regel erfahren und vertraut mit den umfangreichen Themenstellungen solcher Verträge. Dennoch ist jede Transaktion von einer Vielzahl unterschiedlicher Rechtsbeziehungen, technischen und kaufmännischen Gegebenheiten geprägt, da kein Vertrag dem andern ähnelt. Eine umfangreiche due Diligence und die detaillierte Umsetzung deren Ergebnisse im Vertrag bieten Absicherung gegen unliebsame Überraschungen auf beiden Seiten.

Gewerblicher Immobilienkauf

Große Transaktionen bedürfen großer und geordneter Vorbereitung. Grundsatzentscheidungen sind zu treffen, die häufig auch im Bereich des Steuerrechts angesiedelt sind, so z.B., ob die Transaktionen über einen Share deal (= Kauf der Eigentümergesellschaft) oder einen Asset deal (= Kauf der Immobilie) abzuwickeln sind. Prüfungsszenarien sind zu installieren, die die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Objekts darstellen. Um hier ausreichend Zeit zur Verfügung zu haben, werden häufig Exklusivitätsvereinbarungen geschlossen.

Um all diese essentialia entsprechend vorzubereiten, bedarf es, so Frau Rechtsanwältin und Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Dr. Stefanie Scheuber, oftmals einer interdisziplinären Zusammenarbeit im Gesellschaftsrecht, Immobilienrecht und Steuerrecht.


Datenraum und due Diligence – Grundlage für einen späteren Kaufvertragsschluss

Um dem Käufer im Rahmen der Immobilientransaktion die notwendigen Kenntnisse für seine spätere Kaufentscheidung liefern zu können, wird in aller Regel ein sogenannter Datenraum eingerichtet, in den alle maßgeblichen Unterlagen für das Kaufobjekt eingestellt werden. Auf Basis dieser Unterlagen wird dann eine sogenannte due Diligence durchgeführt, die sich mit den steuerlichen, rechtlichen, technischen und baulichen Eckpunkten des Projekts beschäftigt. Unter due Diligence versteht man eine mit gebotener Sorgfalt durchgeführte Risikoprüfung, innerhalb derer Stärken und Schwächen des Objekts und damit auch die entsprechenden Risiken analysiert werden (https://de.wikipedia.org/wiki/Due-Diligence-Pr%C3%BCfung); das Ergebnis der due Diligence spielt eine wichtige Rolle bei der Wertfindung des Objekts.

Um im späteren Kaufvertrag eine für alle Parteien gesicherte Basis an den dem Vertragsschluss zu Grunde liegenden Kenntnissen und Sachverhalten zu haben, wird in der Regel in größeren Kaufverträgen auf den Inhalt des Datenraums und damit der due Diligence-Prüfung Bezug genommen, indem Käufer, Verkäufer und Notar eine Zusammenfassung dieses Datenraums mit allen eingestellten Unterlagen in Form eines Datensticks oder einer DVD übergeben wird. In diesem Zusammenhang, so Frau Rechtsanwältin Dr. Stefanie Scheuber, ist es immens wichtig, den Datenraum geordnet und vollständig zu halten, um Missverständnissen vorzubeugen, die dann im Rahmen der Kaufvertragsabwicklung zu rechtlichen Konsequenzen wie Schadensersatzforderungen führen können. Struktur ist also in diesem Zusammenhang „die halbe Miete“.

Besonderes Augenmerk wird der Käufer in der Regel auf die bestehenden Mietverhältnisse und deren rechtliche Grundlage legen, die nicht nur den Nettomietstrom abbilden, vielmehr auch die Risiken darlegen, die den Verkäufer nach Übernahme treffen können. So ist hier insbesondere die Einhaltung der Schriftform für langfristige Mietverträge ein extensiver Prüfungspunkt.


Vereinbarungen vor Kaufvertragsabschluss – was ist sinnvoll?

1. Exklusivitätsvereinbarung

Um dem potentiellen Käufer ausreichend Zeit für eine Prüfung zu verschaffen, wird in aller Regel eine Exklusivitätsvereinbarung abgeschlossen.

In einer solchen verpflichtet sich der Verkäufer, für einen bestimmten Zeitraum, Verhandlungen ausschließlich mit dem potentiellen Käufer zu führen und insbesondere das Objekt keinen anderen Mitbewerbern anzubieten oder gar an diese zu veräußern. Gleichzeitig sind Verschwiegenheitsverpflichtungen und Vertraulichkeitserklärungen Gegenstand einer solchen Vereinbarung.

Exklusivitätsvereinbarungen, so rät Frau Rechtsanwältin Dr. Stefanie Scheuber, müssen stets schriftlich abgeschlossen werden, um späteren Beweisproblemen über die genauen Rechte und Pflichten des Verkäufers vorzubeugen.

2. Letter of intent

Zu Beginn einer Immobilientransaktion legen Verkäufer und Käufer häufig die bisherigen Eckpunkte der Verhandlung und Verhandlungsergebnisse fest. Dies geschieht in der Regel in einem LOI, letter of intent. In der Praxis finden sich dafür auch alternativ Namen wie memorandum of understanding oder heads of terms, die schlussendlich nichts anderes meinen.

Der Inhalt eines solchen Papiers variiert in gewissen Grenzen, je nach Art und Umfang der Transaktion. In aller Regel wird er die potentiellen Vertragsparteien, den Kaufgegenstand und den geplanten Verkaufsprozess bezeichnen und darstellen. Oftmals finden sich hier bereits Regularien für die spätere Kaufpreisberechnung, insbesondere der Kaufpreisfaktor.

Ein solcher LOI ist, hierauf weist Frau Rechtsanwältin Dr. Stefanie Scheuber hin, nach deutschem Recht nicht rechtsverbindlich. Alle Transaktionen, die im Zusammenhang mit Grundstücken und sonstigen Immobilien stehen, sind aufgrund der Vorschriften des BGB beurkundungspflichtig. Insofern also wird im LOI lediglich die Absicht der Parteien zum Ausdruck gebracht und hindert abweichende Forderungen, wie z.B. die Anpassung des Kaufpreises, oder wichtige Ergänzungen, z.B. die Abgabe bestimmter Garantieerklärungen, nicht.

Nachdem allerdings der LOI mit seinen Niederlegungen nicht zuletzt die erste Vertrauensbasis zwischen den Parteien darstellt, sollte ein solches Papier sehr sorgfältig entworfen und bezüglich der zentralen Verhandlungspositionen bereits möglichst präzise gefasst werden.


Kaufvertrag

Die Regelungen in solchen Kaufverträgen sind ebenso umfangreich wie hoch individuell.

Gerade bei solchen Transaktionen sollte extremer Wert auf eine klare Sachverhaltsbasis aus dem Datenraum gelegt werden, da in aller Regel eine Vielzahl von Garantien dem Verkäufer abverlangt werden. Bei einer Verletzung solcher Garantien drohen hohe Schadensersatzansprüche oder andere rechtliche, im Kaufvertrag alternativ vereinbarte Folgen.

Bei vermieteten Gewerbeimmobilien ist der Umgang mit Mietverträgen (Kündigungen, Aufhebungsverträge, Neuabschluss von Mietverträgen vor Eigentumsumschreibung etc.) zu regeln, ebenso der Ertragszufluss und die Abrechnungsmodalitäten, insbesondere hinsichtlich der Betriebskosten. Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten wird häufig von dem Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung differieren, so dass das Innenverhältnis der Parteien aus dem Kaufvertrag anderen Regelungen folgt wie das Außenverhältnis des Verkäufers zum Mieter.

Die steuerlichen Folgen müssen insbesondere im Hinblick auf das Umsatzsteuerrecht und daraus resultierende steuerliche Risiken, allerdings auch auf Risiken aus anderen steuerlichen Gebieten wie Gewerberecht sorgfältig und detailliert geregelt werden, da oftmals Millionensummen im Raume stehen.

In der Regel werden in solche Immobilientransaktionen Notariate eingeschalten, die in diesen Themenstellungen bereits Erfahrung haben. Das Back-up im Rahmen der Abwicklung muss im Notariat vorhanden sein, gerade dann, wenn eine Vielzahl von Flurnummern betroffen ist. In aller Regel werden Anlagen in sogenannte Bezugsurkunden, die gesondert beurkundet werden, ausgelagert, um die Beurkundungszeit für solche Kaufverträge in Grenzen zu halten. 

Expertentipp:
Ziehen Sie möglichst frühzeitig für die Aufnahme und Vorbereitung der Vertragsverhandlungen kompetente anwaltliche Beratung hinzu.