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Sie können nicht nur Ihr Leben gemeinsam verbringen, vielmehr auch Ihre Entscheidungen für den Fall des Ablebens gemeinsam treffen. Die dadurch erreichbare wechselseitige Absicherung schafft Offenheit, Klarheit und die Sicherheit, familiäre Belange im Sinne aller gut geregelt zu haben.

Berliner Testament - das Ehegattenestament

Was ist ein gemeinschaftliches Testament?

Ehegatten, die bei einem Rechtsanwalt um Beratung im Zusammenhang mit der Errichtung eines Testaments nachsuchen, haben häufig zu Beginn des Gesprächs das Ehegattentestament, das in der Regel mit dem „Berliner Testament“ gleichgesetzt wird, als passende und mögliche Testamentsform im Kopf. Man sollte sich allerdings, so rät Frau Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht Dr. Stefanie Scheuber, auch als Ehepaar nicht von vornherein auf diese Lösung versteifen, die gerade im Hinblick auf Pflichtteilsrechte und möglicherweise auch bezogen auf die steuerliche Belastung erhebliche Nachteile mit sich bringen kann.


Was ist überhaupt ein Ehegattentestament?

In § 2265 BGB ist verankert, dass ein gemeinschaftliches Testament nur von Ehegatten errichtet werden kann. Letztendlich verbirgt sich dahinter nichts anderes, so Frau Fachanwältin für Erbrecht Dr. Scheuber aus Nürnberg, als eine Formerleichterung bei der Errichtung, die der Gesetzgeber eben diesem Personenkreis zubilligt.

Außerhalb dieser Spezialität können Personen Testamente nur alleine errichten. Das heißt, sie müssen, entscheiden sie sich für die privatschriftliche (= handschriftliche) Variante der Testamentserrichtung, den gesamten Text selbst mit der Hand lesbar abschreiben (http://www.sh-recht.de/news/1442827162.html) und ihre letztwillige Verfügung am Ende des Textes unterzeichnen, § 2247 BGB i.V.m. § 2231 BGB. Letztgenannter gibt des Weiteren auch die Möglichkeit, ein notarielles Testament zu errichten, § 2232 BGB.

Ein gemeinschaftliches Testament kann als gemeinschaftliches eigenhändiges Testament nach § 2267 BGB errichtet werden. Dort ist festgelegt, dass nur einer der Ehegatten das Testament handschriftlich abschreiben muss, während der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet.


Was kann ich in einem solchen Ehegattentestament regeln?

In einem solchen Ehegattentestament kann all das, was auch in einem „normalen“ Testament geregelt werden kann, geregelt werden.

Häufig finden sich in einem solchen Ehegattentestament wechselseitige Erbeinsetzungen der Ehegatten. In vielen Fällen wollen sich die Ehegatten nach dem Tod des Erstversterbenden wirtschaftlich absichern (http://www.focus.de/finanzen/experten/michaela_zientek/ehegattentestament-wie-sich-eheleute-gegenseitig-absichern_id_4462813.html) und nur in 2. Linie sicherstellen, dass der Nachlass später an bestimmte Personen, meist ehegemeinschaftlichen Kinder, fällt.


Was bedeutet wechselbezügliche Verfügung?

Bei einer sogenannten wechselbezüglichen Verfügung handelt es sich um eine Spezialität im Rahmen dieser Testamentsform.

Wechselbezüglich ist eine Verfügung dann, wenn anzunehmen ist, dass eine Verfügung eines Ehepartners nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde. Im Klartext bedeutet dies: Ist davon auszugehen, dass ein Ehegatte eine bestimmte Person nur deswegen bedacht hat, weil die andere Person letztendlich durch ihre Verfügungen insbesondere sichergestellt hat, dass von beiden Ehegatten gewünschte 3. Personen nach Ableben des Überlebenden den Nachlass erhalten, liegt Wechselbezüglichkeit vor.

Ist eine solche Wechselbezüglichkeit gegeben oder im Wege der Auslegung anzunehmen, ist hierzu explizit nichts gesagt, tritt Bindung ein. Bindung wiederum bedeutet, dass mit Ableben des Erstversterbenden die Verfügungen des Letztversterbenden nicht mehr abänderbar sind. Das Testament ist also quasi „in Beton gegossen“. Die Wechselbeziehungen stehen in einem entsprechenden Abhängigkeitsverhältnis voneinander. 

Frau Fachanwältin für Erbrecht Dr. Stefanie Scheuber aus Nürnberg rät: Machen Sie sich Gedanken, ob Sie eine solche Bindungswirkung tatsächlich (uneingeschränkt) wünschen. Schreiben Sie in Ihrem Testament zu den entsprechenden Verfügungen, ob sie bindend sein sollen oder auch nach Ableben des Erstversterbenden abgeändert werden können. Durch klare Aussagen vermeiden Sie später Auslegungsbedürftigkeit und Streit.

Wollen die Ehepartner nur eine eingeschränkte Bindung erzeugen, z.B. dem Überlebenden die Möglichkeit geben, innerhalb eines bestimmten Personenkreises die zunächst angedachten Quoten noch zu ändern, kann eine sogenannte Öffnungsklausel aufgenommen werden. In welchem Rahmen die Bindungswirkung also nicht eintreten soll, bestimmen die Testierenden. Es ist also auch grundsätzlich im Rahmen des Ehegattentestaments möglich, Bindung generell auszuschließen.


Berliner Testament – was ist das?

Oftmals wird das Ehegattentestament mit dem sogenannten Berliner Testament gleichgesetzt. Dies ist nicht richtig, das Berliner Testament ist lediglich eine spezielle Unterform des Ehegattentestaments.

Beim Berliner Testament setzen sich die beiden Ehegatten wechselseitig zu Alleinerben ein. In der Regel werden dann nach Ableben des Letztversterbenden die gemeinschaftlichen Kinder als Schlusserben eingesetzt. Ist zur Bindungswirkung hier explizit nichts geregelt, ist gemäß § 2270 II BGB im Zweifel anzunehmen, dass Bindungswirkung gegeben ist.


Bringt ein Berliner Testament auch Nachteile?

Diese Frage, so Frau Rechtsanwältin Dr. Stefanie Scheuber, wird in der Praxis häufig gestellt. Sie lässt sich allerdings nicht generell beantworten. Vielmehr muss jeder Einzelfall und die Bedürfnisse der konkreten Testierenden betrachtet werden.

In der Praxis wird man sehr jungen Ehepaaren eher von einem Berliner Testament abraten oder zumindest die Bindung weitestgehend aufweichen. In jungen Jahren lässt sich oft noch nicht absehen, wie sich Kinder entwickeln, insofern man sich nicht zu früh endgültig festlegen sollte. Bei großen Nachlässen ist zu bedenken, dass immer dann, wird der Ehepartner zum Alleinerben eingesetzt, dieser Vermögen hinzu gewinnt, welches über dem steuerlichen Freibetrag liegen könnte, insofern er Erbschaftssteuer zu zahlen hat; gleichzeitig gehen Freibeträge für die Kinder nach dem erstversterbenden Elternteil verloren. Vereinigt sich das Vermögen des Erstversterbenden mit dem des Letztversterbenden und überschreitet es dann die Summe der Freibeträge der Schlusserben wird Vermögen dann quasi doppelt besteuert.

Ein weiterer ganz erheblicher Nachteil – in der Praxis leider häufig vernachlässigt, so Frau Rechtsanwältin Dr. Stefanie Scheuber – ist das Entstehen von Pflichtteilsansprüchen. Die Alleinerbeneinsetzung des Ehepartners stellt gleichzeitig eine Enterbung von Kindern dar. Diese Enterbung hat zur Folge, dass die Kinder ihrerseits Pflichtteilsansprüche geltend machen können. Solche Pflichtteilsansprüche können nicht nur zu massivem Streit führen, vielmehr ziehen sie auch Liquidität ab. Ist der Nachlass überwiegend in Immobilien gebunden, steht diese Liquidität zur Bedienung der Pflichtteilsansprüche oftmals nicht zur Verfügung. Dies vermag auch die Verfügung einer sogenannten Pflichtteilsstrafklausel nicht wirklich zu verhindern: Zwar wird derjenige, der den Pflichtteil nach dem Erstversterbenden verlangt, bestraft, indem er auch seine Erbenstellung nach dem Letztversterbenden verliert. Ein Hinderungsgrund im rechtlichen Sinne, den Pflichtteil nach dem Erstversterbenden geltend zu machen, besteht darin jedoch nicht!


Aufhebung und Widerrufsmöglichkeiten

Auch ein Widerruf ist zu Lebzeiten beider Ehepartner noch möglich, allerdings muss ein Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen notariell erfolgen und dem anderen Ehepartner zu gehen, damit dieser seinerseits auf den Wegfall reagieren kann.

Bindende Verfügungen können nach Ableben des Erstversterbenden nicht mehr widerrufen werden.

Expertentipp: Bevor Sie ein Ehegattentestament, insbesondere ein Berliner Testament, errichten, suchen Sie unbedingt einen Anwalt auf, der mit Ihnen auch die Risikofaktoren dieser Testamentserrichtung bespricht.