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Entscheiden Sie selber, bevor andere es für Sie tun.

Es gibt Situationen im Leben, die sich unserem Zugriff entziehen. Für solche Situationen lohnt es sich, wohlüberlegt Vorsorge zu treffen. Eine gut geplante Vorsorge steuert medizinische Behandlung und den pflegerischen Umgang in Ihrem Sinne.

Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung gibt Ihnen die Möglichkeit, festzulegen, welche medizinischen Maßnahmen Sie für den Fall, dass Sie selbst vorübergehend oder endgültig aus körperlichen oder geistigen Gründen nicht mehr in der Lage sein sollten, Ihre eigenen Belange zu regeln, vorgenommen oder auch nicht vorgenommen werden sollen. Gibt es in einem solchen medizinischen Notfall keine Regelung oder ist die Regelung zu allgemein oder unklar gefasst, entscheidet über die weitere Vorgehensweise entweder der Vorsorgebevollmächtigte, wo ein solcher bestimmt ist, oder der vom Amtsgericht eingesetzte Betreuer in Absprache mit den behandelnden Ärzten und Pflegepersonen.


1. Was genau ist eine Patientenverfügung?

Die Grundlage für eine Patientenverfügung ist zwischenzeitlich im Gesetz geregelt, nämlich in § 1901a BGB. Dieser Paragraf wurde im Jahre 2009 in das Gesetz eingefügt.

Mit der Abfassung einer Patientenverfügung antizipieren Sie die Kundgabe Ihres Willens hinsichtlich von Ihnen gewünschter medizinischer Maßnahmen. Dies für den Fall, dass Sie in der konkreten Situation nicht in der Lage sind, solche bei bestehender Geschäftsfähigkeit zu artikulieren. Hierbei können Sie beispielsweise Festlegungen treffen, ob Sie beatmet und künstlich ernährt werden wollen, wiederbelebt oder mit bestimmten, auch lebensverkürzenden Medikamenten versorgt werden wollen. Sie können also eigenverantwortlich entscheiden, ob Sie lebensverlängernde Maßnahmen wünschen.

Denken Sie im Zusammenhang mit der Errichtung einer Patientenverfügung nicht nur daran, welche Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Legen Sie, so rät Frau Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht Dr. Stefanie Scheuber aus Nürnberg, auch fest, welche medizinische Vorgehensweise Sie für sich ausschließen.

Expertentipp:

Vergessen Sie bei Ihren Festlegungen nicht, dass nach deutschem Recht nach wie vor aktive Sterbehilfe unzulässig ist. Sie können also nicht bestimmen, dass Ihrem Leben in aktiver Weise, z.B. durch Verabreichung einer Giftpille, ein Ende gesetzt wird. Lediglich passive Sterbehilfe, also ein Sterbenlassen, ist einer Verfügung zugänglich.


2. Wer kann eine Patientenverfügung errichten?

Jeder Volljährige, der einwilligungsfähig im gesetzlichen Sinne ist, kann eine Patientenverfügung errichten. Einwilligungsfähig ist derjenige, der geistig in der Lage ist, die Komplexität seines Tuns zu verstehen, zu bedenken und schlussendlich auch darüber zu entscheiden.

Sie sollten sich also Abfassung einer Patientenverfügung sowohl hinsichtlich der medizinischen als auch der juristischen Folgen, so Frau Rechtsanwältin Dr. Stefanie Scheuber, beraten lassen und nicht ohne nähere Beschäftigung mit diesem Thema einfach auf gängige Muster zurückgreifen; dafür sind die Regelungen einer Patientenverfügung zu individuell.


3. Bedarf die Errichtung einer Patientenverfügung einer bestimmten Form?

Das Gesetz schreibt vor, dass die Patientenverfügung schriftlich zu errichten ist. Es bedarf also nicht notwendigerweise einer notariellen Beglaubigung oder Beurkundung. Sie müssen die Patientenverfügung, darauf weist Frau Rechtsanwältin Dr. Scheuber hin, allerdings im Gegensatz zu einem Testament, welches nicht notariell verfasst wird, nicht komplett handschriftlich abschreiben. Es reicht hier vielmehr, die Unterschrift unter einen maschinengeschriebenen Text zu setzen.

Die Patientenverfügung ist insoweit zu unterscheiden vor den Aussagen, die Sie z.B. zu einer konkret bevorstehenden Operation treffen. Die Patientenverfügung und damit der Schriftlichkeitserfordernis betrifft nur noch nicht fassbare Situationen in der Zukunft, währenddessen konkrete Entscheidungen zu medizinischen Eingriffen mündlich getroffen werden können. Eine mündliche Kundgabe bleibt allerdings auch in diesem Fall ein Beweisthema, wie Frau Rechtsanwältin Dr. Scheuber anmerkt.


4. Wann genau greift die Patientenverfügung ein?

Sie können festlegen, welchen Anwendungsbereich Sie für die Patientenverfügung eröffnen. Klassisch wird gewünscht, die Patientenverfügung dann heranzuziehen, wenn er Sterbeprozess noch nicht zwingend eingesetzt hat, allerdings eine unheilbare und mit höchster Wahrscheinlichkeit zum Tod führende Krankheit bzw. Situation vorliegt, die mit ebenso hoher Wahrscheinlichkeit für die Zukunft ein selbstbestimmtes Leben nicht mehr zulässt.

Expertentipp:

Die in der Praxis immer wieder anzutreffende diffuse Angst, in jeder Krankheitssituation, auch in einer solchen, die mit hoher medizinischer Wahrscheinlichkeit in eine Gesundung führen wird, würde die Patientenverfügung zu einem Unterlassen medizinischer Hilfestellungen führen, ist daher absolut unberechtigt.


5. Vorsorgevollmacht = Patientenverfügung?

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind nicht zu verwechseln. Sie sind nicht das gleiche, ergänzen sich vielmehr im Hinblick auf medizinische Maßnahmen.

Während in der Vorsorgevollmacht einer bestimmten Person die tatsächliche Möglichkeit verschafft wird, für eine andere Person, nämlich den Vollmachtgeber, zu handeln, beschreibt eine Patientenverfügung nur, worin diese Handlung im medizinischen Notfall bestehen soll. Letztendlich hat also ein Bevollmächtigte über die Vorsorgevollmacht die Festlegungen in der Patientenverfügung zu vollziehen. Gibt es eine solche Vorsorgevollmacht nicht, verschafft die Patientenverfügung nicht automatisch einer anderen Person die Möglichkeit, nach den dortigen Festlegungen zu handeln.

Expertentipp:

Tragen Sie sich mit dem Gedanken, eine Vorsorgevollmacht zu errichten, beschäftigen Sie sich, so rät Frau Rechtsanwältin Dr. Stefanie Scheuber, gleichzeitig mit dem Thema Patientenverfügung. Letztendlich ergibt beides zusammen das „Rundum-Sorglos-Paket“.


6. Was ist die Folge einer Patientenverfügung?

Tritt eine Situation ein, für die Sie die Maßgeblichkeit der Patientenverfügung angeordnet haben, werden der Vorsorgebevollmächtigter/Betreuer zusammen mit den behandelnden Ärzten entscheiden, welche medizinischen Maßnahmen gemäß Ihres geäußerten Willens eingeleitet oder Unterlassen werden müssen. Insofern sind also Ihre Festlegungen auch verbindlich.

Nur wenn zwischen Vorsorgebevollmächtigter/Betreuer und den behandelnden Ärzten ein Dissens über das weitere Vorgehen besteht und die Entscheidung über lebensgefährdende Maßnahmen oder einen Behandlungsabbruch zu treffen ist, ist das Betreuungsgericht als „oberste Instanz“ hinzuzuziehen. Sind sich entgegen eine Personen einig, bedarf es einer solchen Hinzuziehung nicht.


7. Kann ich eine solche Patientenverfügung widerrufen?

Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden. Sie sollten den Widerruf allerdings aus Beweisgründen entweder schriftlich fixieren oder – noch besser, so Frau Dr. Stefanie Scheuber – ausgefertigte Patientenverfügungen „einsammeln“ und vernichten. Zweifelsfrei ist ein solcher Widerruf möglich, wenn Sie nach wie vor einwilligungsfähig sind. Ob ein Widerruf auch noch möglich ist, wenn diese Einwilligungsfähigkeit z.B. aufgrund einer Demenzerkrankung eingeschränkt ist, insofern also der „natürliche Wille“ ausreicht, ist in der Rechtsprechung umstritten.

Expertentipp:

Sie sollten vor diesem Hintergrund immer darauf achten, dass die Patientenverfügung daher aktuell ist. Leisten Sie sich, so Rechtsanwältin und Fachanwältin Dr. Stefanie Scheuber, nicht den Luxus, die Patientenverfügung einmal zu errichten und dann nie wieder anzusehen!